Madeleine: Das Verschwinden unserer Tochter

und die lange Suche nach ihr

© 2012 Jutta Schütz

 

Wer erinnert sich nicht an den verzweifelten Appell der Eltern des entführten Mädchens, das plötzlich in der Nacht aus dem Hotelzimmer verschwand, während ihre Eltern mit Freunden im Restaurant an der Ecke saßen? (Engl. Buchtitel: Madeleine: Our Daughter's Disappearance and the Continuing Search for Her)

 

Am Abend des 03.05.2007 verschwand Madeleine McCann aus Rotheley (mittelenglische Grafschaft Leicestershire). Das Ärzte-Ehepaar war mit ihrer dreijährigen Tochter und ihren zweijährigen Zwillingen im Urlaub in der portugiesischen Region Algarve (Ferienanlage Ocean Club – Praia da Luz). Als das Mädchen verschwand, hielten sich die Eheleute McCann zusammen mit mehreren Freunden in einem nahegelegenen Restaurant auf. Nach den Angaben der Eltern sahen sie alle 30 Minuten nach den Kindern. Gegen 22 Uhr hätten sie das Verschwinden von Madeleine festgestellt.

 

Ich muss vorab sagen, dass ich der ganzen Entführungsstory immer etwas skeptisch gegenüber stand, die Familie kam mir einfach zu perfekt rüber. Das Buch hat mich trotzdem interessiert und man erfährt viele neue Fakten, die ein anderes Licht auf die Story werfen. Manche Abschnitte im Buch fand ich zwar dennoch etwas strange aber größtenteils war das Buch interessant zu lesen.

 

Das Buch bietet eine biographische Aufarbeitung eines Familiendramas, das sich wie ein Krimi liest. Leider vermisste ich über weite Strecken ein wenig distanzierte Selbstreflektion. Kate McCann sitzt zwischen dem Spannungsfeld Polizei und Medien und wird hin und her gezogen und bekommt mit wie sehr diese beiden Branchen zusammen arbeiten. Sie ist sich nicht zu schade, auch persönliche Tagebucheinträge, die in Kursivschrift eingestreut werden, preis zu geben. Eine Frau, die immer wieder davon erzählt, wie sehr ihr Leben auch dadurch Schaden genommen hat, solch ein Schicksal zu durchleben. Sie schildert sich selbst als eine zutiefst selbstreflektierte Mutter, eine Steh-Auf-Frau, die an ihrem tragischen Schicksal auch wächst und reift. Eine Frau, die zu ihrer Stärke und ihrem Durchhaltevermögen kommt; eine betroffene Mutter, die von der Zerbrechlichkeit des Lebens erzählt, die eigene Anonymität opfert, um das eigene Kind zu finden.

 

Ich persönlich brauchte einen langen Atem, um bei diesem Buch durchzuhalten. Es wird viel Unwichtiges erzählt.

 

Ein nicht vorhandenes Schuldbewusstsein kann ich bis heute bei den Eltern nicht entdecken, sie haben zwar eingestanden, dass sie einen Fehler gemacht haben und wissen sehr wohl, dass es ihre Schuld ist, dass so eine Entführung überhaupt passieren konnte- aber breit getreten haben sie diese Ansicht natürlich nicht.

 

Die McCanns haben einen eigenen Spendenfond eingerichtet, eine große Internetkampagne gestartet und viele berühmte Menschen wie den Papst getroffen. Gebracht hat es leider nichts, Maddie ist weiterhin wie vom Erdboden verschluckt.

 

Die Eltern geben nicht auf. Jetzt haben sie ein neues Foto ihrer Tochter veröffentlicht. Das Bild wurde mit einem speziellen Computerprogramm erstellt und zeigt, wie Maddie heute aussehen könnte.

 

Seit 2007 lese ich über diesen Fall Madeleine McCann, einen Großteil der portugiesischen Polizeiakten und Zeugenaussagen sind im Internet nachzulesen. Wenn man das mit den Aussagen der McCanns im Buch vergleicht, gehen diese Aussagen ziemlich auseinander.

 

In den Medien wird auch behauptet, dass die McCanns niemals eine offizielle Wiedereröffnung des Falles angestrebt haben. Wer könnte kein Mitleid mit den Eltern empfinden? Aber was passiert, wenn die gleichen Eltern etwas mit dem Verschwinden ihrer Tochter zu tun haben? Nach der im September 2007 erhobenen Anklage gegen die Eltern Kate und Gerry McCann folgte im Juli 2008 der Freispruch aus Mangel an Beweisen.

 

Aus „Welt Online – von Regina Köhler“:

Öffentliche Zweifel am Verhalten der McCanns äußerte jetzt Kriminalpsychologe und Experte für Entführungsopfer Christian Lüdke. Der 47-Jährige betreut bundesweit seit Jahren Opfer von Gewalt und Kriminalität. „Der gewaltige Medienrummel, den die Eltern der kleinen Madeleine inszeniert haben, macht mich stutzig“, sagt er. Das Verhalten der Eltern sei sehr außergewöhnlich und entspreche nicht den Erfahrungen, die er mit Entführungsopfern habe. „Eltern, die so etwas erleben, ziehen sich traumatisiert zurück, reagieren verzweifelt und hilflos und begeben sich sehr schnell in das gewohnte, häusliche Umfeld, wo auch Familie und Freunde sind.“ Lüdke vermutet einen Einzeltäter aus dem familiären oder beruflichen Umfeld der McCanns. Quelle: © Axel Springer AG 2012. Alle Rechte vorbehalten/ Von Regina Köhler-Welt Online, 06.06.2007.

 

Die Einstweilige Verfügung der McCanns, das Buch des portugiesischen Kriminalisten Goncalo Amaral Lusa zu stoppen, wurde vom Zivilgericht Supremo Tribunal de Justiça in Lissabon (Portugal) abgelehnt und es darf auch weiterhin vertrieben werden.

 

Der ehemalige Chefermittler des Falls, veröffentlichte im Juli 2008 ein Buch mit dem Titel „Maddie. A verdade da mentira“ („Maddie. Die Wahrheit der Lüge“, Titel der 2009 erschienenen deutschen Übersetzung: Maddie. Die Wahrheit über die Lüge), in dem er über seine Arbeit an dem Kriminalfall schreibt. Er war aus seinem Amt entlassen worden, nachdem er das ihm zu einseitig erscheinende Verhalten der britischen Regierung zugunsten der Eltern kritisiert hatte, und wollte nun mit seinem Buch der Öffentlichkeit seine Sicht des Falls zeigen. Laut Meinung Goncalo Amarals, kam Madeleine in Praia da Luz bei Lagos bereits in der besagten Nacht des 3. Mai 2007 ums Leben, was aber nie bewiesen werden konnte.

 

McCanns ließen mit einer einstweiligen Verfügung den Verkauf des Buchs in Portugal im September 2009 verbieten und forderten Schadenersatz. Im Oktober 2010 wurde die einstweilige Verfügung gegen Amarals Buch aufgehoben.

 

Der ehemalige Chefermittler Amaral macht weiterhin keinen Hehl aus seiner Meinung, dass die Eltern maßgeblich am Tod ihrer Tochter beteiligt waren, was ihm eine Schadensersatzklage in Höhe von 1,2 Millionen Euro der McCanns einbrachte.

 

Im Jahr 2011 veröffentlichte die amerikanische Profilerin Pat Brown ein Buch, das sich ebenfalls kritisch mit dem Fall auseinandersetzte. Das Buch wurde nach Intervention der von den Eltern des Mädchens beauftragten Anwaltskanzlei Carter Ruck aus dem Programm von Amazon genommen.

 

Kurzbeschreibung des Buches „Madeleine: Das Verschwinden unserer Tochter und die lange Suche nach ihr“ (Quelle: amazon.de):

 

Madeleine wurde am Donnerstag, den 3. Mai 2007, in Praia da Luz, Portugal, entführt. Sämtliche polizeilichen Ermittlungen wurden im Laufe des Jahres 2008 eingestellt, doch die Eltern gaben die Hoffnung niemals auf. Sämtliche Autorenhonorare gehen an Madeleines Fond.

 

„Die Niederschrift dieses Buches war eine zeitraubende und zuweilen herzzerreißende Erfahrung, aber sie wurde mir dadurch erleichtert, dass ich seit Mai 2007 täglich Tagebuch geführt habe. Dabei wäre mir das von allein gar nicht in den Sinn gekommen, es war der Vorschlag eines der vielen Experten, die uns in jenem Monat über das Minenfeld aus Emotionen und praktischen Erfordernissen hinweghalfen. Ich stehe für immer in seiner Schuld für diesen großartigen Rat. Anfangs erschien es mir wie eine gute Möglichkeit, für Madeleine aufzuzeichnen, was in den Tagen seit ihrem Verschwinden passiert ist, aber alles aufzuschreiben erwies sich als ungeheuer therapeutisch für mich. Die täglichen Notizen boten mir ein Ventil für meine Gedanken und extremen Gefühle. Sie waren für mich der Raum, in dem ich hinausschreien konnte, was ich nicht von den Dächern schreien durfte. Und sie gaben mir die Möglichkeit, mich Madeleine nahe zu fühlen."

 

Buchdaten:

Gebundene Ausgabe: 472 Seiten, Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Hardcover); Auflage: 2 (16. September 2011), Sprache: Deutsch, ISBN-10: 3785724438, ISBN-13: 978-3785724439 - EUR 16,99

 

Um sich in dieser Sache ein eigenes Urteil (wenn so etwas überhaupt möglich ist) bilden zu können, empfehle ich, alle drei Bücher zu kaufen, die ich hier vorgestellt habe.

 

Ich persönlich würde mir natürlich wünschen, dass das Mädchen Maddie noch am Leben ist und es ihr gut geht und natürlich möchte auch ich mir nicht vorstellen, dass die Eltern an ihrem Schicksal schuld sein könnten.